Gegenwind (Juni 2023)

Wer sich in den letzten drei Jahren kritisch zu „Maßnahmen" geäußert hat, wurde oftmals mit Todeszahlen konfrontiert, die laut politischer Entscheidungsträger*innen durch jene „Schutz-Maßnahmen" ja verhindert würden. Hier möchte ich erwidern, dass ich durchaus eine große Empathie für das Leid jener Menschen empfinde, die mit oder durch Corona verstorben oder langfristig erkrankt sind sowie auch durch alle anderen Erkrankungen. Und vor allem habe ich auch ein Mitgefühl für die Liebsten jener Menschen sowie für die, die an einer Krankheit leiden und keine Hilfe finden.

Gleichzeitig möchte ich, dass sich jede*r frei entscheiden kann, welchem medizinischen Eingriff er oder sie sich unterzieht und welchem nicht. Die Frauenbewegung „My Body, My Choice" halte ich für eine sehr sinnvolle Bewegung, die in der Coronazeit fast in Vergessenheit geraten ist. Ich bin mir bewusst, dass wir die letzten Jahre unterschiedlich erlebt haben und wer nahestehende Personen verloren hat oder gar Menschen hat sterben sehen oder selbst dauerhaft erkrankt ist, wird das sicherlich aus einer anderen Perspektive sehen als ich. Auch dafür habe ich Verständnis.

Aber was ich sehen konnte und worum es in meinem Projekt geht, ist das auch Ausgrenzung zu Erkrankungen (seelischen und körperlichen) und zu Verletzungen führen kann. 2G ist nicht nur ein Bild, das aufgehängt und wieder abgehängt werden kann, wenn es verordnet wird. Es war mehr, es hat das Fundament unseres Zusammenlebens erschüttert, den öffentlichen Raum durch Zugangsbeschränkungen neu definiert und bei den Betroffenen viel Schmerz ausgelöst. Es begann mit diffamierenden Worten, dann wurden daraus Taten in Form einer Zugangsbeschränkung gegen jene Menschen, die nicht so handeln wollten wie es ihnen seitens der Politik nahegelegt wurde. 2G wurde aus meiner Sicht als eine Bestrafung gegen jene Menschen eingesetzt, die über ihren eigenen Körper eine andere Entscheidung trafen, als politisch gewollt. Die Herdenimmunität wurde durch die Impfung nicht erreicht, vielfache Nebenwirkungen gab es außerdem, und so bestand erst Recht kein Anlass, die Menschen in diese Richtung zu drängen und das Recht auf Selbstbestimmung zu missachten. Aber auch wenn es eine Herdenimmunität durch Impfung gegeben hätte, was ja oft fälschlicherweise als Argument angebracht wurde, hätte ich es nicht richtig gefunden, Menschen zu einem medizinischen Eingriff zu zwingen.

Viele Menschen trauen sich selbst heute im Jahre 2023 nicht über ihre Erfahrungen zu sprechen und wenn nur in sehr kleinem Kreis. Es ist ein Tabuthema geworden. Das halte ich für problematisch. Darüber hinaus gibt es viele offene Fragen, die, wie ich finde, nicht genügend Beachtung finden. Ich gehöre nicht zu denjenigen, die sie beantworten können, aber ich erkenne eine Notwendigkeit darin, dass sie gestellt, erforscht und Antworten gefunden werden wie z.B. zu der Frage der hohen Übersterblichkeit im Jahre 2022 bei einer großteils geimpften Bevölkerung.

Ich glaube an die Fähigkeit aller Menschen komplex und differenziert zu denken, aber sie wird aktuell zu wenig trainiert. Es ist als müsste sich jede*r entscheiden sich einer Seite anzuschließen. Pro oder contra. Dabei gibt es so viele Perspektiven und soviele Sichtweisen. Wir sind in der Lage mehrere Gedanken gleichzeitig zu denken und dabei sogar noch die eigene Meinung zu hinterfragen. Ein großes Geschenk an die heranwachsende Generation wäre es, verschiedene Perspektiven und Denkräume zuzulassen sowie die die Fähigkeit das kritische Denken zu stärken. Ungelöste Fragen stehen zu lassen, ohne vorschnelle Antworten zu finden, die jede Diskussion ersticken. Wir sollten als Gesellschaft dafür wieder ein Fundament schaffen, dass uns allen erlaubt Fehler zu machen und ein vertrauensvolles Umfeld zu schaffen, wo wir uns trauen diese zuzugeben und unterschiedliche Standpunkte gleichberechtigt diskutieren zu können. Wichtig wäre meiner Ansicht dabei, sowohl rationalen Argumenten zugänglich zu bleiben als auch das eigene Bauchgefühl zu beachten. Das alles gehört für mich zu einer gesunden Gesellschaft und zu einem gesunden Heranwachsen junger Menschen. Ich fürchte jedoch, es geht aktuell in die gegenteilige Richtung.

2G habe ich als sehr starken Einschnitt erlebt, daher mache ich dieses Projekt. Es hat meinen Blick auf unsere Gesellschaft, auf die Welt, in der wir leben und somit auch auf meine Berufsbranche grundsätzlich verändert. Wir sind in dieser Zeit eine geschlossene Gesellschaft geworden, die sich als eine offene ausgibt - wie auch die obige Abbildung mit der Aufschrift „Offen für alle - Zugang mit 2G+ Nachweis", eindrücklich zeigt. Dass jemand ernsthaft solche Schilder aufgehängt hat und sich nicht der Widersprüchlichkeit des Textes bewußt war, oder es der Person egal war, dass Menschen ausgeschlossen wurden, erschüttert mich zutiefst. Ich versuche, konstruktiv damit umzugehen, und meine Perspektive textlich zu verarbeiten und den Betroffenen eine Stimme zu geben.
 
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