Und danach? (Mai 2025)

Vor zwei Jahren habe ich dieses Projekt zu 2G gestartet, um über den gesellschaftlichen Zustand und die Härte der Auseinandersetzung auch unter Kollegen zu reflektieren und aufzuzeigen, was in meinen Augen passiert ist, damit es nicht im kollektiven Vergessen untergeht. Wenn man Kritik an den Maßnahmen geäußert hat oder lediglich darauf hinwies, dass der Zwang zu einem körperlichen Eingriff und der Ausschluss eines Teils der Bevölkerung aus dem „öffentlichen Leben“ eine rote Linie überschreitet, die nicht überschritten werden darf, wurde man massiv angegangen. Ich war überzeugt, dass vieles dem Ausnahmezustand, der damals durch Medien und Politik befeuerten Angst geschuldet war und die Klarheit des Denkens vorübergehend außer Kraft gesetzt wurde. Ich dachte, dass später die „Kontrollgruppe“ – die sich nicht hat impfen lassen und sich in meinem Umfeld bester körperlicher Gesundheit erfreut – in dem seelischen Schmerz des Ausschlusses eines Tages verstanden werden wird und die andere Sichtweise hilfreich sein könnte. In kritischen Kreisen ist die Aufarbeitung sehr weit fortgeschritten.

Ich habe gehofft, es werde Gerichte geben, die auf den Fehler, Menschen den Zutritt zu öffentlichen (!) Orten zu verwehren, eingehen und der Mehrheitsgesellschaft dadurch klar wird, dass sie zu weit gegangen ist. Ich habe mich leider mich geirrt. Ich habe gehofft, dass das „Teile und herrsche“-Prinzip der Mächtigen, das ihre Macht verfestigt und nur ihnen selbst und nie der Bevölkerung dient, sich im Kleinen, im Zwischenmenschlichen, im kollegialen Umfeld nicht dauerhaft verankert. Ich habe gehofft, dass es eine Aufarbeitung aus der Gesellschaft heraus geben wird, weil sie es will und für notwendig erachtet. So wie ich mit meinem Projekt hier. Ich habe nicht damit gerechnet, dass Organisationen und Menschen wie „Volksverpetzer“, Buyx, Bossetti, Böhmermann, die zu dieser massiven Spaltung und Hetze gegen Ungeimpfte in der Gesellschaft beigetragen haben, später mit Preisen ausgezeichnet werden. Es ist mir letztendlich egal, wer welche Preise bekommt, aber es zeigt doch etwas über den Zustand der Gesellschaft. Es zeigt, wie wenig in die Tiefe der Aufarbeitung gegangen und wie wenig Verständnis und Interesse dem ausgegrenztem Teil der Bevölkerung bis heute entgegen gebracht wird, so dass sich eine Alena Buyx tatsächlich im Jahre 2025 in eine Sendung bei Lanz setzen und behaupten darf, die Hetze gegen Ungeimpfte sei doch irgendwie „sexy“ gewesen. (https://www.zdf.de/play/talk/markus-lanz-114/markus-lanz-vom-10-april-2025-102) Dass eine ehemalige Vorsitzende eines Ethikrats so etwas offenbart, sollte einem zu denken geben. Sie findet Ausgrenzung bis heute offenbar völlig legitim. Das Schicksal der Menschen, die betroffen waren von ihren Worten und den daraus folgenden Handlungen, ist ihr bis heute egal.

Ebenso der „Volksverpetzer“, der 2021 einen Artikel schrieb (Titel: „Grenzt Impfgegner aus!“), der die Ausgrenzung von immerhin zwanzig Prozent der Bevölkerung befürwortete. Da wurde über Menschen geurteilt, ohne ihre Beweggründe zu kennen oder sie verstehen zu wollen. Impfgegner wurden mit AFD-Wählern gleichgesetzt, was sie natürlich noch „böser“ machen sollte, um sie später als „faschistische Bagage“ zu beschimpfen. (Quelle: https://www.volksverpetzer.de/aktuelles/impfgegner-blocken). Diese Leute blockieren und sperren in sozialen Medien jeden, der eine andere Meinung hat und beispielsweise über Erfahrungen mit Impfnebenwirkungen schreibt, deren Existenz nun wirklich niemand mehr leugnen kann. Ich war selbst Zeugin, wie Kommentare dieser Art einfach gelöscht wurden. Viele Leute wollen bis heute nicht sehen, dass es Menschen gibt, die seit der „Impfung“ schwere gesundheitliche Probleme haben. Statt die eigene Haltung aus 2021 zu überprüfen und zu reflektieren, werden überholte Narrative gepflegt, und so erhält 2025 der „Volksverpetzer“ den Marion-Samuel-Preis unter Schirmherrschaft der Stadt Augsburg wegen seiner angeblich klaren Haltung gegen Desinformation und Hetze. Für mich ist das ein trauriger Beweis für den gegenwärtigen Zustand der Gesellschaft. Auch Sarah Bossetti – die 2021 im öffentlich-rechtlichen Fernsehen sagte: „Wäre die Spaltung der Gesellschaft wirklich etwas so Schlimmes? Sie würde ja nicht in der Mitte auseinanderbrechen, sondern ziemlich weit rechts unten. Und so ein Blinddarm ist ja nicht im strengeren Sinne essentiell für das Überleben des Gesamtkomplexes“ (Quelle ab Minute 4:18: https://www.youtube.com/watch?v=atW4xwI5gjA) – selbst sie hat eine eigene Fernsehshow bekommen und 2024 sogar den Grimme-Preis erhalten. Der mittlerweile notorische Jan Böhmermann lehnte sich in einer seiner Sendungen, wo es um Nichtgeimpfte ging, zurück und zeigte zwei Stinkefinger. (Quelle: https://www.kontextwochenzeitung.de/fileadmin/content/kontext_wochenzeitung/dateien/639/ZDF_Magazin_Royale-ZDF_Magazin_Royale_vom_19._November_2021-1767870462-Ausschnitt2.mp4) 2025 hat er für eine andere Show unter dem Titel „Lass dich überwachen“ den deutschen Fernsehpreis erhalten.

Kurz gesagt: All diese Menschen, die ich beispielhaft aufgeführt habe, wurden zwar nicht direkt für ihre Hetze gegen Ungeimpfte ausgezeichnet, die hat ihnen aber nicht geschadet. Hat es vielleicht sogar ihre Karriere gefördert, auf der Seite der politischen Entscheidungsträger zu stehen? Ich denke schon. Mir hingegen haben sie und viele andere gezeigt, zu welchen Demütigungen sie fähig sind, mit der Folge der immer weiter fortschreitenden Polarisierung der Gesellschaft. Die Sprache, die sie verwendet haben, schnürt mir auch heute noch die Kehle zu. Ich habe ihre Worte wie auch die vieler anderer Menschen als sehr demütigend wahrgenommen. Ausgrenzung bedient sich einer menschlichen Urangst. Man darf nicht mehr zur Gruppe gehören, wird aus der Gemeinschaft verstoßen, ist dadurch auf sich gestellt und im übertragenen Sinne quasi der rauen Natur schutzlos ausgeliefert. Wer das gutheißt, sollte sich bewusst machen, dass in einer Gesellschaft, in der es möglich ist, so etwas ohne strafrechtliche Folgen zu tun, es jeden jederzeit bei anderen Themen auch selber treffen kann. Die Zeiten des „Leben und Lebenlassen“ waren spätestens ab dem Zeitpunkt, da Menschen vorgeschrieben wurde, dass sie einen medizinischen Eingriff über sich ergehen lassen sollten, vorbei.

Leider war die deutsche Mehrheitsgesellschaft samt Justiz und vielen Medien zu diesem Schritt bereit. Sie haben 2G als gerechtfertigt betrachtet und bis heute nicht einmal im Rückblick in Frage gestellt, sondern einfach wie einen Elefanten im Raum stehen gelassen. Das zeigt, dass viele Menschen das, was „die da oben“ befehlen, kritiklos schlucken und viele sogenannte Satiriker ihnen dabei helfen. Eigentlich wäre es deren Aufgabe wie auch Aufgabe der gesamten Kunst, der Stachel im System zu sein. Kritische Stimmen sind in meinen Augen das Lebenselixier einer Demokratie. Wer sie verbietet und unterbindet, handelt undemokratisch und intolerant. Kritische Stimmen zu ignorieren, hat übrigens einen hohen Preis: einen tiefen Vertrauensverlust, weil es etliche Menschen gab, die bei vielen Maßnahmen instinktiv gespürt haben, dass sie mehr Schaden als Nutzen brachten. Trotzdem wurden diese Maßnahmen durchgesetzt und bis heute keiner Prüfung unterzogen.

Vierzig Prozent der Gesellschaft trauen sich nicht mehr, ihre Meinung zu sagen. Ich kann das verstehen und bemühe mich, es trotzdem zu tun, wenn es ums Wesentliche geht. Ich bin mir sicher, dass eines Tages eine junge Generation, die massiv unter den Maßnahmen gelitten hat, Fragen stellen wird. Es werden unbequeme Fragen sein. Sie werden herauszufinden versuchen, was passiert ist. In meinen Augen ist der größte Verlust seit 2020 die Freiheit, die Selbstbestimmung und der kritische Geist. Es waren nicht nur jene Menschen von 2G betroffen, die nicht in die Restaurants und Theater durften. Es waren alle betroffen, weil sie ihre persönlichen Gesundheitsdaten öffentlich zur Schau stellen mussten. Welche Folgen das hat, scheint mir, ist vielen gar nicht bewusst. Es wurde eine Grenze dahingehend überschritten, dass Menschen ihr eigenes paternalistisches/maternalistisches Weltbild anderen aufdrängen konnten und das bis heute erfolgreich tun. Ich will nicht, dass mir gesagt wird, was ich zu tun und zu denken habe. Ich bin bei jeder Entscheidung, die mich betrifft, meine eigene Expertin. Ich habe diese Zeit als sehr übergriffig empfunden. Ich tue das bis heute.

Wenn Freunde und Bekannte erzählen, wie schlimm Schulschließungen, Lockdowns, 2G etc. für sie oder ihre Kinder waren, höre ich immer wieder andere lapidar antworten: „Ja, es war schlimm, aber man hat es halt nicht besser gewusst!“ So verteidigen sie bis heute, dass es so „gekommen ist“. Und ich sage dann sehr vehement: „Doch, es gab viele Menschen, die es besser wussten, nur hat man ihnen nur leider nicht zugehört.“ Und was 2G anbelangt: Es gab meines Wissens bislang keine Bühne, keine öffentliche Einrichtung, keine Künstler, die sich bei ihren Besuchern und ihrem Publikum dafür entschuldigt haben, dass ihnen viele Monate lang der Einlass verwehrt wurde. Ich kann an dieser Stelle versichern - auch aufgrund meiner Recherche zu diesem Projekt – dass es sehr viele Menschen gibt, die diese Zeit nicht so einfach vergessen werden.

 


 
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